Love it or change it.
Im Gegensatz zu allen, die davor bei mir auf Granit gebissen hatten, war David ziemlich strapazierbar. Obwohl er sich eine Abfuhr nach der anderen abholte, blieb er unbeirrt — ich irritiert. Er unterschied sich von den Verehrern, die ich sonst schnell hinter mir ließ, weil er stur an dem festhielt, was er wollte, ohne Sorge um sein Ego oder Rücksicht auf das, was irgendjemand von ihm dachte. Ich kannte vor ihm keinen Menschen, der so offen und unverrückbar zu sich stand und ganz losgelöst von fremden Blicken war, an deren Fäden die meisten Leute wie Puppen tanzen. Er spielte kein Spiel. Eigentlich konnte ich dankbar sein, dass unerwartet jemand in mein Leben trat, der mit seiner Unverblümtheit aus der Norm fiel. Nur — ich war auf der Suche nach Klischees. Ich wollte einen Mann, der die Spielregeln der romantischen Annäherung verstand. Einen, der mir etwas vorenthielt, den ein Geheimnis umwob und der morgen schon ganz woanders sein konnte, wenn ich nicht Schritt hielt.
Stattdessen brachte David mich zum Lachen. Er kritzelte adrett physikalische Formeln in mein Ringbuch, während ich mitschrieb, was der Dozent erklärte. Und er bat unermüdlich um ein Rendezvous, jede Woche mit derselben Hoffnung, die nie kleiner zu werden schien; bis irgendwann der Tag kam, an dem ich mit der Abrüstung begann. Ich legte meine Waffen nieder und öffnete David die schwere Tür zu meiner Festung. Dem, der mir so zugetan war, wollte ich nicht länger widersprechen. Ich wollte überzeugt werden von allem, was er in mir sah. Und es tröstete mich, dass David, anders als die vor ihm, mir nicht glaubte, wenn ich sagte, dass ich seine Beachtung nicht wert war.
Eines Abends führte er mich aus, wir schlenderten mit Eis in der Hand durch die Altstadt von Heidelberg. Später fanden wir zwei Schaukeln und im hohen Flug verging die Nacht; unter Sternen, von denen ich hoffte, dass sie gut waren. Aber wenn meine Füße den Boden berührten, kribbelte es nicht in meinem Bauch. Über die erste Zeit des Verliebtseins stieg ich wie über lose Bretter auf dem Steg. Es kam mir vor, als hätte ich ein Leck, aus dem jahrelang mein Reservoir an Gefühlen unkontrolliert aus mir herausgelaufen war, bis nur noch Leere in mir zurückblieb. Ich konnte nicht hoffen, dass es diesmal anders ausgehen würde. Jemals. Alles, was ich tat, erschien mir nur noch in einer endlosen Schleife vergeblich. Wie eine müde Wiederholung einer vergangenen Enttäuschung, die auf der Taste lag, die mein Finger schon hundert Mal in meinem Kopf gedrückt hat. Rinse and repeat. Es war einfacher, dort zu bleiben, wo es nichts zu verlieren gab. Doch ich ging an Bord. Ich wollte weg von alten Ufern.
Und ich warf das Tau, das gerade noch mein Herz umspannte, vom Boot aus ans Land. Denn David nahm mich an, ohne Bedingungen zu stellen. Es war das Vertrauen, dass er mich nie verletzen würde, für das ich rosa Wolken entbehrte. Denn Wolken, das wusste ich mittlerweile, ziehen weiter.
Ich mochte es, mich mit seinen Augen zu sehen; mit einem Blick, der mich auf nichts festlegte und in dem zugleich kein Funke Zweifel an mir lag. Und bald brauchten wir uns wie der Seemann den Leuchtturm. Ich brauchte ihn, weil meine See stürmte; David brauchte mich, um endlich Heimat zu erblicken. Er wurde mein unentbehrlicher Fluchtpunkt. Und mit der Zeit hatte ich vergessen, dass unsere Liebe allein aus seiner entstanden war; und aus meiner Sehnsucht nach einem Menschen, bei dem ich unfertig sein durfte. Sein durfte. Ohne einem Bild gerecht zu werden, das sich jemand von mir an die Wand gehängt hat. Bei David hing nur eine Leinwand. Die Pinsel behielt ich.
Schreib weiter…bitte…am besten ein ganzes Buch. Ich würd es ewig lesen, weil Du echt toll schreibst!
Schönes Wochenende!!!
You made my day ❤ Danke … Ein Buch würd ich schreiben … Wenn ich alt bin und endlich eine Ahnung habe, wie die Geschichte ausgeht 😉
Und auf dass dein Wochenende ebenso schön wird!