I need some sleep

Ja … aber was?

Ratlos hebe ich meine Hände, während der Tag, der gerade anbricht, mir die Pistole gegen die Brust presst.

„Hands where I can see them!“

Ich halte doch nichts fest. Ehrlich, ich will nur meine Ruhe. Ja, es gibt Probleme, ich habe euch davon erzählt. Aber noch spürbarer ist meine unbändige Dankbarkeit darüber, frei von Depressionen zu sein. Wenn ich ins Bett gehe, bete ich, dass das so bleibt. Ich freue mich geradezu in die Nacht.

Und überhaupt, wenn es so einfach wäre, alle Schlafstörungen zu verstehen.

Rede doch mit mir“, sagt David. „Es tut dir nicht gut, dass du alles mit dir allein ausmachst.“

Nein, auch das habe ich inzwischen kapiert. Ich glaube, es gibt wenige Paare, die so offen und konstruktiv kommunizieren wie wir. Weil wir unsere Beziehung schon einmal mit 200 km/h gegen die Wand gefahren haben und kein Interesse in uns tragen, dass sich das wiederholt.

Dass Grübeln nichts für eine erholsame Nachtruhe ist, ist bekannt. Aber ich schlafe auch nicht, wenn meine Gedanken schweigen. Wenn ich das Gefühl habe, dass ich nur aus einem erschöpften Körper bestehe, der sich von meinem Geist emanzipiert hat und macht, was er will. Während meine schweren Augenlider einen Kampf mit meinem Puls, rastlosen Gliedern und Partikeln in mir austragen, die ich nicht benennen kann.

Ich wurde schon von Kopf bis Fuß untersucht, von innen wie von außen. Blut, Mikronährstoffe. Hormone. Ich gehe brav zur Psychotherapie. Denn wenn man sein Leben lang zu Depressionen neigt, sind sich bei allem alle einig: Das muss psychosomatisch sein. Voran geht es nicht, zumindest nicht an dieser Front. Das Schlaflabor – ohne Konsequenz. Ernährung, Sport. Schlafhygiene, Schlafrestriktion. Studien gelesen, alles versucht.

Der Schlafmediziner sagt, ich muss erst wieder lernen, zu schlafen. Er sagt das, weil meine Tochter es gewohnt war, nachts halbstündlich aufzuwachen. Lange. So lange, dass ich das Autofahren aufgab. Ich war eine Gefährdung. Das macht sie nicht mehr oft. Allerdings bedient sie sich inzwischen der Sprache und schimpft wie ein Rohrspatz, wenn sie träumt. So laut, dass sie nicht mit ihrer Schwester das Zimmer teilen kann. Denn die muss morgens ausgeruht zur Schule. Aber ihr Traumerleben kann ich kaum wegerziehen. Sie hat auch keine Angst, wenn sie schreit. In Aufruhr versetzen sie nachts Dinge wie: Papa hat von meiner Banane abgebissen! — Meine Schwester hat ein größeres Eis! — Ich muss Pipi, aber Thea sitzt auf dem Klo! (Thea ist ihre beste Freundin.)

Alles entsetzlich, ich weiß. Aber für uns Eltern ein klarer Fall von: Sie ist, wie sie ist; wach und im Schlaf. Streitbar, stur, lebhaft. Mit konkreten Ansprüchen an ihre Umwelt.

Die Zeit wird es richten und meistens schläft sie ruhig, heute, mit 4. Und ich erwische mich dabei, wie ich es bequemer fand, als sie noch so oft aufwachte jede Nacht, weil es damals nicht an mir lag, dass ich nicht schlief. Todmüde und hellwach zu sein, verzieh ich mir damals gut. Weil alles auf der Hand lag. Anders als heute, wenn Menschen nicht verstehen, dass ich schon wieder? müde bin. Oder immer noch?, denn ich habe ja kein Baby mehr. Wenn sie auf meine Augenringe deuten, als wäre ich mir meiner optischen Unzulänglichkeiten gar nicht bewusst. Kurz, wenn sie die Geduld mit mir verlieren.

Wie lernt man, sich wieder auf Schlaf einzulassen? Zu vertrauen, dass einem der Schlaf nicht entrissen wird, sobald man tief versinkt?

Ich habe bis heute keine Gewissheit, ob meine Tochter der Grund ist, warum ich nachts wachliege. Es ist plausibel. Vielleicht liege ich wach, weil ich schlafen will. Obwohl Paradoxe Intervention auch nichts gebracht hat.

Gewiss ist nur, dass ich von allem, was am Tag geschieht, ausgeschlossen bleibe. Ein Teil dieser Gesellschaft kann ich nicht sein. Ich kann nichts planen. Oft kann ich nicht schreiben, zumindest nicht gut. Wenn ich müde am Fenster stehe und draußen den Leuten nachblicke, die auf der Straße betriebsam und fit ihrem Alltag nachgehen, wie sie miteinander lachen, während sie sich unterhalten, und wie unfassbar aufgeräumt sie durch den frühen Morgen eilen, während die Frisur sitzt, das Make-up makellos, und der Schal zu den Schuhen passt und die auch noch zur Tasche – fühle ich mich völlig fremd und allein. Die Welt, ein großes Gesellschaftsspiel. Und ich komme nicht zum Zug. Wie im Sportunterricht sitze ich auf der Bank. Wenn ich mal aufgerufen werde – am Wochenende, von meinen Kindern –, tragen meine Beine mich nicht. Die in meinem Team sind, müssen in Unterzahl aufs Feld. Fast jedes Mal. Dabei will ich, dass meine Töchter gewinnen. Dass sie aufsteigen und mit dem Pokal durch die jubelnde Menge getragen werden, weil sie meine Champions sind.

Manchmal glaube ich, ich war über zu lange Zeit so lebensmüde, dass mein Körper zur Ansicht kam, er brauche mich nicht am Leben halten. Doch ich hänge an meinem Leben. Aber eben auch an dem von Kindern in der Ukraine oder in Palästina. Ich will nicht, dass alles vorbei ist. Aber ganz viel, und vielleicht ist es das.

Wie könnt ihr schlafen?

Und dann vergrabe ich mich tiefer unter die Decke, rastlos und schwer wie Blei, und glaube, dass ich bei dem Gesellschaftsspiel vor meinem Fenster gar nicht wirklich mitmachen will. Weil es in der Geschichte der Menschheit immer so ist, dass von denen, die mit Herz und offenen Karten spielen, entweder alle verlieren oder keiner gewinnt.

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