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Lange habe ich überlegt, wie es aussehen kann, wenn ich meinen Blog wieder ins Reich der Lebenden hole. Ich habe überlegt, wohin ich mit ihm will.

Nach unserem zweiten Kind, einer Pandemie und einem Umzug ahne ich es und kann es euch sagen:

Die Gegenwart braucht mich mehr als meine Vergangenheit.

Wer meinen Blog gelesen hat, erinnert sich, dass ich besonders die Geschichte von David und mir — von INTJ und INFJ, von Asperger und Depression — versucht habe, mir von der Seele zu schreiben. Für mich auf die Kette zu bringen. Ab dem Punkt unserer Trennung habe ich es nicht mehr geschafft, obwohl wir, als ich alles aufschrieb, bereits wieder zusammen waren. Die emotionalen Trigger wurden zu groß, dann hat sich das Leben überschlagen; in einer Welt, die eine andere, unruhigere, unzuverlässigere ist als früher. Und ich wurde still.

Wenn ich still werde und ich esse, ist alles okay. Dann habe ich zu tun, und ich vermute, dass viele gesunde Menschen nicht nachvollziehen können, wie unglaublich gut es sich anfühlt, arbeiten zu können.

Wenn ich aber still werde und nichts mehr esse, dann habe ich ein Problem. Wer mir nahesteht, kann daran, was nach einer Mahlzeit noch auf meinem Teller liegt, genau bemessen, wie es mir geht.

Es gab sie oft, diese Stille.

Und jetzt beende ich sie.

Weil mir die letzten Jahre gezeigt haben, wo wir immer noch stehen. Dass nicht viel vorangeht. Dass wir, die gegen eine psychische Erkrankung kämpfen, verloren sind in einem gesellschaftlichen Raum, in dem wir für robust genug gehalten werden, Erwartungen zu erfüllen, aber selten für gut genug, wenn wir es versuchen. Für uns gibt es keinen doppelten Boden. Was muss, das muss. Friss oder stirb. Ich habe mich unglaublich alleine gefühlt. Weil mir manche Veränderungen so viel Kraft abverlangten, während die Menschen um mich herum dieselben Früchte wie beim Spazieren von den Bäumen pflückten und nach einer kleinen Kostprobe nonchalent über die Hecke warfen.

Mein Leben lang habe ich mir vorgeworfen, dass ich wegen all meiner Prägungen nichts Gescheites gelernt habe. Dass ich nichts kann. Aber mittlerweile glaube ich, dass die Macht der Worte auch etwas bewegt. Dass es ein Weg der Selbstbehauptung ist, sich auszudrücken, statt zu resignieren. Auch, damit andere Menschen früher als ich verstehen, dass eine Depression uns dazu zwingen will, unser Leben genauer zu betrachten. Uns gegen das zu wehren, was uns im Hier und Heute widerstrebt, und uns die Kontrolle zurückzuerobern.

Mit dieser Erkenntnis geht der Kampf natürlich nur in die nächste Runde. Ich leide seit der Grundschule unter einem sequentiellen Trauma, und das verschwindet nicht mit einem erhellenden Gedanken. Dennoch ist das Wissen unentbehrlich.

Ihr seht mir also gerade zu, wie ich mich aufrichte, Staub und Dreck von meinen Klamotten klopfe und es nochmal versuche, mich von der Stelle zu bewegen, nach vorn. Und wenn mir jemand folgt, liegt darin auch ein Wert.


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